Mittwoch, 26. Februar 2014

Tag 57 - Das Glitzerreh


Leute, ich muss da mal was loswerden... 

Hallo, ich bin neu hier. Meine liebe Bekannte Angelika fährt in den Urlaub und ich darf in der Zwischenzeit Ihren Blog hüten. Ich fühle mich dadurch nicht nur geehrt, sondern auch sehr modern. Einen Blog zu hüten ist wohl das Blumengießen des 21. Jahrhunderts.

Also: Die nächsten drei Wochen wird aussortiert.
 
Im Grunde ist mit dem Glitzerreh die Ausgangslage klar. Das Glitzerreh wohnt bei mir. Es hat einen Platz in unserem Büro (aka Kinderzimmer). Ins Büro kommen Sachen, die man entweder in einem Büro braucht, oder die zu hässlich sind, es in die Küche, das Wohnzimmer oder das Schlafzimmer zu schaffen. Es erklärt sich von selbst, in welche Kategorie das Glitzerreh fällt.


Das Tier wurde nicht nur ins Büro verbannt, es steht auch noch hinterm Schreibtisch auf der Fensterbank, verdeckt von einem Computerbildschirm. Seine Nachbarn sind eine Spardose in Form eines Schafs und ein Fingertrommelset, das es irgendwann mal bei Tchibo gab. Die Fensterbank hinter dem Schreibtisch hinter dem Computerbildschirm ist so etwas wie die Death Row unserer 3-Zimmer-Wohnung. Im Normalfall geht's von dort direkt in den Müll.

Oder besser: SOLLTE es in den Müll gehen. Denn ich bin ein Sammler. Ich bewahre auf. Ich horte. Das Glitzerreh etwa behüte ich seit rund acht Jahren. Damals bekam ich es von einer sehr netten Arbeitskollegin geschenkt. Sie war eines dieser coolen Mädchen. Ich kann mich an Leoprintschlappen erinnern, die an jedem normalen Menschen ausgesehen hätten wie ein Karnevalskostüm als Wilma Flintstone. An ihren Füßen wirkten sie schön, glamourös. Wie von Jean Paul Gaultier.

In ihrer megastylischen Wohnung wäre das Reh wahrscheinlich in seinem natürlichen Lebensraum gewesen. Denn alles in ihrer Wohnung sah so aus, als wäre es nur dafür gemacht worden, genau an dieser einen Stelle zu stehen. Doch in meiner Durchschnittsbude wirkt das Rehlein bis heute nicht nur deplatziert, sondern weist mit seinem Glitzerfell penetrant darauf hin, wie glanzlos, normal und langweilig alles andere um es herum aussieht.

Ich habe es trotzdem aufbewahrt. Natürlich. Das liegt in meinen Genen. Mein Vater bunkert in seinem Keller mehrere Paar Ski. Als ich ihn zuletzt einen Sauerländer Hügel damit runterrutschen sah, hatte ich noch Milchzähne. Im Regal neben den Skiern liegen auch noch Schlitten, alte Campingstühle und ein paar Stelzen. Mein Vater hortet Tapetenreste, die man noch mal verkleben kann, Teppichreste, die man noch mal verlegen kann, Farb-Reste, die man noch mal verstreichen kann, T–Shirt-Reste, die man noch mal als Putzlappen verwenden kann. Es gibt einen Bundeswehrschlafsack, einen komischen Bundeswehrstab und ein Schlauchboot, das laut meiner Fotodokumentation seine letzte Ausfahrt auf der Sorpetalsperre hatte. 1988.

Mein Vater ist ein netter Typ. Aber so werden wie er will ich nicht. Deswegen wird jetzt ein Anfang gemacht. Die nächsten drei Wochen wird ausgemistet, jeden Tag ein Teil. Als erstes wird die Death Row gekillt: Das Glitzerreh kann weg!

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