Sonntag, 22. Juni 2014

Tag 173 - Die falschen Prinzen

 
Als ich ein Kleinkind war, besaßen meine Eltern ein außergewöhnliches Haustier: einen Laubfrosch. Einen echten. Er lebte in einem bepflanzten Terrarium mit einer winzigen Holzleiter. Um ihn zu füttern, fing meine Mutter eigenhändig lebendige Fliegen. Oder sie kaufte im Anglerladen frische Maden und wartete bis sie schlüpften. Offensichtlich waren Frösche damals voll im Trend, denn auch Onkel Heinz besaß eine solche Amphibie und entwickelte sogar eine Art „Mückenzuchtstation“, um die Versorgung seines grünen Freundes zu sichern. 

Ich erinnere mich daran, wie ich als ganz kleines Mädchen fasziniert vor dem Terrarium saß und den Frosch beobachte. Ich wollte ihn immer anfassen und seine leuchtend grüne Haut streicheln, aber das Vieh ließ sich nur ungern einfangen und dachte überhaupt nicht daran, still zu sitzen sobald es den Duft der Freiheit zu verspüren glaubte. 

Vielleicht stammt meine Liebe zu Fröschen aus dieser frühkindlichen Prägung. Vielleicht hat mir meine Mutter aber auch zu oft aus dem Märchenbuch vorgelesen.

Wenn ich heute gemütlich auf meinem Sofa lümmle, schweift mein Blick nämlich immer noch auf Frösche. Sie sitzen über die Ränge verteilt im Bücherregel. Einer bewacht das Gesamtwerk von Feridun Zaimoglu, ein anderer die französischen Realisten, ein dritter die Sparte „Frauenromane“ etc. Der große Keramik-Frosch wohnt auf meinem Balkon. Die Frösche haben sich mit den Jahren bei mir angesammelt. Manche waren ein Geschenk an die ewige Single-Frau (wahnsinnig witzig, hihi!); manche habe ich mir selbst gekauft, wenn ich sie zufällig in einem Laden entdeckte. Ich habe jedenfalls nie bewusst nach Fröschen Ausschau gehalten. 

Je öfter ich heute jedoch mein Regal sehe, umso häufiger denke ich mir: „Die Frösche müssen weg.“ Irgendwie bin ich das nicht mehr. Ich bin nicht mehr das kleine Mädchen, „die kleine Prinzessin“, die davon träumt, den Froschkönig zu heiraten. Es wäre sicherlich gesünder gewesen für mein Seelenheil, wenn ich einige der falschen Prinzen, die ich in den vergangenen Jahren geküsst habe, direkt an die Wand geklatscht hätte. Viele Tränen wären mir erspart geblieben. 

Die Frösche stehen sinnbildlich für eine Phase meines Lebens, die längst vorbei ist. Darum ist es besser, wenn wir ab sofort getrennte Wege gehen. Denn: Wie soll ich zuversichtlich in die Zukunft blicken, wenn die Vergangenheit immer präsent ist? Das Geheimnis heißt „Loslassen“. Nicht nur von Materiellem, sondern auch von inneren Einstellungen. Das ist nicht unbedingt leicht. Es kann verdammt weh tun; der Schmerz zerreißt einem das Herz. Aber was muss, das muss. 

In diesem Sinne verabschiede ich mich von Euch bei „Das kann weg“. Mir haben die neun Tage großen Spaß gemacht – ich hoffe, Euch auch! Danke an Angie für die Erfahrung. Ich habe in der Woche noch viele andere Dinge ausgemistet, die nicht den Weg hier in den Blog gefunden haben. Dennoch gut, dass Du ab morgen wieder übernimmst!

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